HUMBUG Statement zum 24. Dezember 2019
Nachdem wir von Freund*innen des HUMBUG auf sexistische Inhalte in der Vorankündigung der Co-Veranstaltung/Weihnachtsfeier vom 24. Dezember aufmerksam gemacht worden sind, möchten wir uns in diesem Statement zu den Ereignissen, unseren Entscheidungen und den damit verbundenen Überlegungen äussern.
Was ist die Vorgeschichte?
Ein Teil der Crew von Klein&Geheim – einer Gruppe von Partyveranstaltenden mit bisherigem Lokal auf dem Lysbüchelareal – ist im Herbst an das HUMBUG herangetreten: mit der Anfrage, die seit mehreren Jahren am 24. Dezember stattfindende Weihnachtsfeier in diesem Jahr im HUMBUG zu veranstalten.
Die Weihnachtsfeier wird seit einigen Jahren unter dem Titel „Dicke Eier-Weihnachtsfeier“ beworben, so sollte sie nun auch im HUMBUG angekündigt werden. Das HUMBUG hat – wie bisher mit allen Co-Veranstaltenden – Titel, Bild und Ankündigungstext der Co-Veranstaltenden übernommen und auf den eigenen Kanälen (Plakat, Web, Facebook) veröffentlicht.
Nach der Veröffentlichung wurden wir vonseiten Mitarbeiterinnen wie auch Freundinnen des HUMBUG auf die sexistische (Bild-)Sprache in der Ankündigung zur Weihnachtsfeier aufmerksam gemacht. Wir fanden diese Kritik berechtigt und haben sofort reagiert: Wir haben die entsprechenden Inhalte auf unserer Website und dem Facebook-Account gelöscht, den Titel angepasst, ein kurzes Statement im HUMBUG-Newsletter formuliert und die co-veranstaltende Crew zu einem Treffen eingeladen.
Im Rahmen dieser Besprechung haben wir die geäusserte Kritik dargelegt. Und erklärt, dass es uns vonseiten HUMBUG ein grosses Anliegen ist, diesen Veranstaltungsort zusammen mit allen Mitarbeitenden, Mitveranstaltenden, Künstler*innen und Besuchenden als einen Ort zu gestalten, an dem Sexismus, Rassismus, Homophobie sowie jegliche andere Arten von Diskriminierungen nicht geduldet werden.
Wir haben ausführlich darüber diskutiert, was das für die Ankündigung und die Durchführung der Weihnachtsfeier bedeutet und bezüglich der Bewerbung des Anlasses letztlich einen Kompromiss gemacht: Bild und Ankündigungstext wurden leicht abgeändert, der Titel der Veranstaltung sollte aber weiterhin bestehen bleiben.
Aus welchen Gründen belassen wir den Titel der Veranstaltung, obwohl auch dieser als sexistisch kritisiert worden ist?
Die Co-Veranstaltenden sehen die Kritik. Sie halten jedoch an dem Titel „Dicke Eier-Weihnachtsfeier“ fest, weil sie diesen Anlass (und andere Anlässe unter dem Jahr) seit mehreren Jahren unter diesem Label veranstalten. Trotz neuem Veranstaltungsort sollte die diesjährige Weihnachtsfeier als Weiterführung der bisherigen Parties erkennbar bleiben, so ihr Anliegen.
Vonseiten des HUMBUG gibt es diverse Positionen: Einige teilen die Kritik und die Forderung, den Titel anzupassen; andere finden diese Art von Sprache in einem Veranstaltungstitel zwar unnötig, wollen aber – zumindest für dieses Jahr – nicht in die Titelgebung der Co-Veranstaltenden eingreifen.
Wir haben gemeinsam entschieden, dass wir den Titel der Veranstaltung als einen Kompromiss so stehen lassen: Auf den gedruckten und bereits verteilten Programmplakaten des HUMBUG besteht er sowieso. Und es scheint uns konstruktiver, den Titel auch als einen weiterhin bestehenden Diskussionsanstoss so zu belassen, anstatt die für uns sehr wichtige Diskussion mit einer Titeländerung einfach unsichtbar machen zu wollen.
Aus welchen Gründen wird die Veranstaltung nicht – wie von einigen gefordert – abgesagt?
Ziel des Treffens mit den Co-Veranstaltenden war es für uns auch herauszufinden, welche Absichten, Motivationen und Haltungen hinter ihrer Kommunikationsstrategie liegen und was das für die Veranstaltung vom 24. Dezember bedeutet. Vonseiten HUMBUG hatten wir den Eindruck, dass den Veranstaltenden der Weihnachtsfeier die Problematik der sexistischen (Bild-)Sprache bisher nicht bewusst gewesen war. Sie zeigten sich überrascht über die Kritik, und äusserten klar, dass es bisher nie ihre Absicht gewesen sei, Menschen jeglichen Geschlechts diskriminieren zu wollen – weder in der Werbung noch an der Party selbst. Im Gespräch einigten wir uns nicht nur auf eine Anpassung der Ankündigung, sondern auch darauf, dass die Co-Veranstaltenden gemeinsam mit dem HUMBUG am 24. Dezember einen angemessenen Rahmen für eine Weihnachtsfeier schaffen, an der sich alle Mitarbeitenden und Besuchenden wohl, sicher, respektiert und nicht diskriminiert fühlen.
Anstatt die Veranstaltung der Einfachheit halber abzusagen, dadurch die Co-Veranstaltenden grundsätzlich unter Sexismus-Verdacht zu stellen und die notwendige Auseinandersetzung mit dem Thema abzuklemmen, erhoffen wir uns von der Durchführung sowie den laufenden Diskussionen im Vorlauf, am Anlass selbst und im Nachlauf eine möglichst konstruktive Auseinandersetzung mit allen Beteiligten. Davon kann sicherlich das HUMBUG und können idealerweise auch unsere Co-Veranstaltenden für zukünftige Veranstaltungen viel profitieren.
Was bedeuten diese Entscheidungen für die Weihnachtsfeier am 24. Dezember im HUMBUG?
- Wir haben alle, die an diesem Abend arbeiten, über die Situation informiert und sie gebeten sich nochmal zu überlegen, ob sie an diesem Abend arbeiten wollen.
Wir organisieren für diesen Abend ein Awareness-Team, das während der ganzen Party anwesend und für alle ansprechbar ist: Diskriminierungen jeglicher Art, grenzüberschreitendes Verhalten oder Übergriffe sollen benannt werden können. Personen, die sich davon betroffen sehen, werden unterstützt und begleitet. Wir werden mit Plakaten und Flyern im HUMBUG auf das Awareness-Team und die Thematik aufmerksam machen.
Wir haben die Co-Veranstaltenden über die laufenden Diskussionen und unsere Entscheidungen informiert, und sie verpflichtet, die Anliegen des HUMBUG bezüglich der Gestaltung des Abends aktiv mitzutragen.
Wer uns ein Feedback zur Veranstaltung oder unserem Umgang damit geben möchte, kann dies jederzeit per Mail info@humbug.club tun.
Was bedeuten diese Entscheidungen für die Zukunft des HUMBUG?
Wir sind sehr froh, dass es im Umfeld des HUMBUG Menschen gibt, die mit Kritik direkt an uns herantreten und den Dialog mit uns suchen. Die Kritik und die darauffolgenden Diskussionen haben intern einen konstruktiven Prozess ausgelöst.
Wir sind selber erschrocken, dass wir die von den Co-Veranstaltenden bereitgestellten Inhalte nicht wach und sensibel genug gegengelesen, sondern nur mit einem „müden Lächeln“/“Augenrollen“ abgetan haben. Wir sind uns darüber einig, dass wir im HUMBUG weder Sexismus, noch jegliches weitere diskriminierende Verhalten tolerieren.
Es ist dem HUMBUG wichtig, dass der Ort unterschiedlichen Personen und Gruppen offen steht und dass hier gemeinsam Anlässe entwickelt werden können. Es braucht in Zukunft eine kontinuierliche Auseinandersetzung darüber, mit welcher Sprache und mit welchen Bildern Anlässe beworben werden und welche kulturellen Inhalte im HUMBUG stattfinden; und dafür braucht es auch eine enge Zusammenarbeit mit Co-Veranstaltenden, die teilweise seit Jahren eine eigene Kommunikationsstrategie haben. Es muss in Zukunft auch möglich sein, im Dialog sogenannte „Traditionen“ – beispielsweise den Titel einer Veranstaltung – zu hinterfragen, umzustossen und anzupassen.
Die ganze Situation macht uns deutlich, dass wir als kultureller Veranstaltungsort, der offen ist für viele verschiedene Menschen, uns mit diesen Themen aktiv auseinandersetzen müssen: Wir brauchen eine Haltung für das HUMBUG, die von allen Mitarbeitenden und Mit-Veranstaltenden getragen und respektiert wird. Wir wollen Strukturen schaffen, in denen solche problematische Situationen viel früher von allen involvierten Personen benannt werden können.
Schliesslich sehen wir die Situation rund um die Weihnachtsfeier als eine Chance, nun mit allen bereits Beteiligten und denen, die sich beteiligen möchten, konstruktiv an der Zukunft des HUMBUG zu arbeiten.
Der Vorstand des HUMBUG, 14. Dezember 2019
Gian Luca Hofmann, Theres Inauen, Marco Kleiner, Charlotte Wirthlin, Markus Wolff